Interview mit Wolfgang Furler, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Koehler-Gruppe

Denken in
Generationen

Wie steht der Aufsichtsrat zum ersten Nachhaltigkeitsbericht der Koehler-Gruppe? Wolfgang Furler, langjähriger technischer Vorstand und seit 2007 Aufsichtsratsvorsitzender, erklärt im Interview, warum es bei Koehler viel zum Thema Nachhaltigkeit zu erzählen gibt, was den besonderen Umgang des Familienunternehmens mit dem Thema ausmacht und welche Unterstützung er von der Politik erwartet.

Wie kam der erste Nachhaltigkeitsbericht der Koehler-Gruppe beim Aufsichtsrat an?

Wolfgang Furler Der Aufsichtsrat und ich als Aufsichtsratsvorsitzender haben geschlossen die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens und die Bestrebungen des Vorstands diesbezüglich zu jeder Zeit vollumfänglich mitgetragen. Als Unternehmen sind wir nicht dazu verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen – wir tun es aber aus eigenem Antrieb, weil wir davon überzeugt sind, dass wir viel zu erzählen haben. Für den Aufsichtsrat zeigt der Nachhaltigkeitsbericht den aktuellen Zustand der Nachhaltigkeitsaktivitäten der Koehler-Gruppe sowie die Entwicklung der Aktivitäten transparent auf.

Was wünscht sich der Aufsichtsrat beim Thema Nachhaltigkeit von der Koehler-Gruppe?

WF Als Aufsichtsrat ist es für uns wichtig, allzeit eine Übersicht über die Entwicklung der Nachhaltigkeit in der Koehler-Gruppe zu haben. Damit sind wir zusammen mit dem Vorstand in der Lage, Ziele anzupassen und zu schärfen. Dazu zählt beispielsweise der Status in der Umsetzung unseres Koehler Versprechens, gemäß dem wir bis zum Jahr 2030 mit unseren eigenen Anlagen mehr erneuerbare Energie produzieren wollen, als wir für unsere Papierproduktion benötigen.

Darüber hinaus ist es für uns bei der nachhaltigen Entwicklung wichtig, nachvollziehen zu können, auf welcher Bewertungsgrundlage wir unsere Rohstoffe beziehen. Das ist branchenübergreifend noch nicht immer einfach darzustellen. Bei Zellstoffen beispielsweise helfen Zertifizierungen bei der Bewertung. Bei anderen Rohstoffen von Lieferanten in der globalen Lieferkette, wie etwa aus Asien, ist die Informationslage zur Bewertung der Quelle noch nicht ausreichend.

Wie kann der Aufsichtsrat bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie unterstützen?

WF Die Aufgabe des Aufsichtsrats ist es nicht, sich ins operative Tagesgeschäft einzumischen, vielmehr geht es darum, die übergeordnete Richtung vorzugeben. Das ist mein Selbstverständnis auch als Aufsichtsratsvorsitzender. Unser Fokus muss auf dieser übergeordneten Richtung liegen. Dazu gehört nicht, dass jede Investition, die wir als Aufsichtsrat mit entscheiden, in Richtung Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. In der Summe müssen allerdings alle Investitionen eine nachhaltige Entwicklung unterstützen. Diesen Fokus nehmen wir als Aufsichtsrat auch bei der Freigabe der jährlichen Investitionspläne ein.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für ein Familienunternehmen im Vergleich zu einem kapitalmarktorientierten Unternehmen?

WF Wir als Familienunternehmen können schneller reagieren, vor allem aber sind wir unabhängiger. Von großem Vorteil ist, dass wir in Generationen denken und deshalb einen Return on Investment langfristiger betrachten können im Vergleich zu einem kapitalmarktorientierten Unternehmen.

Andere Unternehmen reden, modellieren und kompensieren. Koehler plant konkret und hat bereits umgesetzt. Wie hat es Koehler geschafft, sich so nachhaltig aufzustellen?

WF Koehler war von jeher von einem pragmatischen Ansatz geprägt. Von dem Prinzip Nachhaltigkeit sind wir alle durch und durch überzeugt und setzen es deshalb pragmatisch um. Mit der neuen Produktionsline 8 in Kehl beispielsweise produzieren wir innovative flexible Verpackungspapiere, die den Einsatz von Kunststoff bei Verpackungen an vielen Stellen ersetzen können. Die komplette Linie haben wir darüber hinaus auf den Einsatz von 100 Prozent grünem Strom umgestellt. Erfolgreiche Produktentwicklungen wie das Blue4est® Thermopapier und sein Schwesterprodukt Blue4est® Pro Label zeigen außerdem, dass der Aufsichtsrat vorausschauend den Prozess der Entwicklung von nachhaltigen Produkten unterstützt. Unser Anspruch als Unternehmen und unser Anspruch als Aufsichtsrat ist es, nachhaltig zu handeln. Das kommt auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugute – über Generationen hinweg.

Was wünschen Sie sich von der Politik? Wie kann die Politik Unternehmen dabei unterstützen, nachhaltige Entwicklung voranzutreiben?

WF Wir wünschen uns von der Politik eindeutige und klare Vorgaben, damit wir die richtigen Entscheidungen treffen können, um langfristig erfolgreich zu sein. Für uns ist es eine Herausforderung, in den aktuellen Zeiten der Ungewissheit die richtigen Prioritäten zu setzen. Sind die Rohstoffe, die wir einsetzen, die richtigen? Wie bewerten wir Herausforderungen bezüglich der Verfügbarkeit und der Preise von Energie?

Wichtig für uns ist es, dass die Politik sich darauf beschränkt, den Rahmen und die Ziele zu definieren, dabei aber nicht konkrete Details vorgibt. Denn Unternehmen wie Koehler benötigen Freiheit bei der Umsetzung. Das ist für uns sehr wichtig, denn kapitalintensive Anlagen, wie wir sie haben, rechnen sich oft erst nach zehn oder mehr Jahren.